Śrīla Prabhupāda
Gründer, Ācārya und spiritueller Meister der Internationalen Gesellschaft für Krishnabewußtsein: Seine Göttliche Gnade A.C. Bhaktivedanta Swami Prabhupāda
A.C. Bhaktivedanta Swami, der von seinen vielen Schülern liebevoll Śrīla Prabhupāda genannt wird, wurde am 1. September 1896 in Indien, Kalkutta geboren. Er besuchte dort die Universität, und nachdem er 1920 sein Studium in Philosophie, Englisch und Volkswirtschaft abgeschlossen hatte, trat er Gandhis Unabhängigkeitsbewegung bei.
Im Jahre 1922 traf er seinen spirituellen Meister Śrī Śrīmad Bhaktisiddhānta Sarasvatī Gosvāmī, der ihm gleich bei ihrer ersten Begegnung den Auftrag gab, die Wissenschaft des Kṛṣṇa-Bewußtseins auch in der westlichen Welt zu verbreiten. Neun Jahre später wurde er offiziell von Bhaktisiddhānta Sarasvatī Gosvāmī eingeweiht, und 1936 veröffentlichte er unmittelbar nach dem Dahinscheiden seines Guru das Magazin »Back to Godhead«, das von da an regelmäßig erschien und inzwischen in allen Hauptsprachen der Welt gedruckt wird. 1962 publizierte er den ersten Band des über 5000 Jahre alten Śrīmad-Bhāgavatam, eine Erstübersetzung ins Englische, dem schon bald zwei weitere Bände folgten.
Im Jahre 1965 entschloß Sich Śrīla Prabhupāda nach Amerika zu reisen, um den Auftrag seines spirituellen Meisters zu erfüllen. Als er im September im Hafen von New York landete, brachte er außer seinen Büchern nur ca. sieben Dollar und ein Paar Handzimbeln mit. In New York rief er dann im Frühjahr 1966 die Internationale Gesellschaft für Kṛṣṇa-Bewußtsein (ISKCON) ins Leben, die sich inzwischen zur größten spirituellen Bewegung der Gegenwart entwickelte. Seit dieser Zeit übersetzte und veröffentlichte Śrīla Prabhupāda 30 weitere große Bücher und ungefähr 10 Taschenbücher, was ihn bei allen Sanskritwissenschaftlern als den bedeutendsten Sanskritgelehrten der Gegenwart bekannt machte.
Trotz seines fortgeschrittenen Alters übersetzte A. C. Bhaktivedanta Swami Prabhupāda immer noch täglich mehrere Stunden aus den vedischen Schriften, von denen eine Vielzahl bereits als Lehrbücher an Universitäten dienen. Wie Śrī Lal Bahadur Shastri, der ehemalige Premierminister von Indien bekundete, leistet A. C. Bhaktivedanta Swami wertvolle Arbeit; seine Bücher sind bedeutende Beiträge zur Befreiung der Menschheit.
ÜBER DEN SPIRITUELLEN MEISTER (zitiert aus der Śrī Īśopaniṣad von 1969)
Wenn wir über den echten spirituellen Meister, den Guru, sprechen, dann sind Daten unzulänglich, und eine Beschreibung seines Lebens bringt uns ihm auch nicht näher. Wir können Bilder von ihm sehen und die Verehrung und Liebe, die seine Schüler für ihn haben, miterleben. Śrī Guru wird uns auf diese Weise nicht nähergebracht.
Er entzieht sich unserem Bemühen, ihn in irgendwelche Formen zu zwängen, die uns vertraut sind und durch die wir das Objekt unseres Schauens unserer eigenen Haltung zugänglich machen können. Aber der echte Guru ist nicht irgendein Objekt dieser Welt. Die Lotusblume wächst aus dem Sumpf empor und wird doch nicht vom Wasser benetzt. Und so erscheint der spirituelle Meister in dieser Welt und wird doch nicht von dieser Welt berührt.
A.C. Bhaktivedanta Swami Prabhupāda erschien in dieser Welt am 1 . September 1896 in Kalkutta. Seine Eltern nannten ihn Abhay Charan De, seine unzähligen Schüler in aller Welt nennen ihn Śrīla Prabhupāda.
Wir erscheinen nicht in dieser Welt. Wir werden geboren aufgrund unserer unersättlichen Lust und Gier nach Sinnesgenuß. Wir sind nicht hierher gekommen, um zu geben. Wir wollen nehmen, Herr sein, unabhängig sein. Śrī Gurudeva ist nicht hier, um zu nehmen, er ist hier, um wirklich zu geben. Er ist nicht Herr, er ist Diener, nicht unabhängig, sondern vollkommen abhängig, von Gott, von Śrī Kṛṣṇa, von der Absoluten Wahrheit. In dieser vollkommenen spirituellen Gottes-Abhängigkeit liegt im grunde die wirkliche Freiheit von der Verunreinigung der Materie, die wir in dieser Welt vergebens suchen. Weil wir nehmen wollen (geniessen wollen) und nicht dienen wollen, können wir den wirklichen Diener, den Diener Gottes, den Gottgeweihten, den Bhakta nicht erkennen, der einzig hier ist um zu geben. Die Beauftragten des Herrn, die echten Gottgeweihten, sind hier um uns das kostbarste Geschenk überhaupt zu geben: Krsna-Prema, Liebe zu Gott.
Wir suchen in dieser Welt nach wertlosen zerbrochenem Glas. In dem faden Glimmer, den diese nutzlosen Objekte uns vorgaukeln, sehen wir die Erfüllung all unserer Wünsche. Wir lauschen ergeben dem Ruf der Sinne und folgen ihm, durch alle Welten, durch alle Körper, als Wurm, als Hund, als Fisch, als Mensch, Sklaven unserer falschen Meister. Aber diese falschen Meister, denen wir uns auf diese Weise so rückhaltlos ausliefern, entlohnen uns ganz entsprechend unserer pervertierten Haltung des Genießenwollens mit: Geburt, Alter, Krankheit und Tod. Das wahre spirituelle Glück bleibt auf diese Weise aus, der Genuß, die Erfüllung, die Zufriedenheit, die Geborgenheit. Der bittere Nachgeschmack, den wir immer wieder kosten müssen, ist durchsetzt von Angst, Unsicherheit, Entbehrung und Unzufriedenheit. Das ist die Wirkung der materiellen Verunreinigung.
Wir suchen nach wertlosen zerbrochenem Glas und wissen nicht, daß der kostbarste Edelstein auf unsere Zuwendung wartet, um uns mit jenem spirituellen Reichtum zu beglücken, den wir in dieser vergänglichen Welt vergebens suchen.
Śrī Gurudeva ist der Überbringer dieses spirituellen Reichtums. Er lehrt durch beispielhaftes Verhalten. Er ist der Ācārya. Der spirituelle Meister. Das ist Śrīla Prabhupāda, der Gründer der Internationalen Gesellschaft für Kṛṣṇa-Bewußtsein, A.C. Bhaktivedānta Swāmī.
Kṛṣṇa sagt in der Bhagavad-gītā im 4 . Kapitel, 34 . Strophe: ‹Vertraue dich der Führung eines spirituellen Meisters an, um die Wahrheit zu erfahren. Stelle ihm in ergebener Haltung Fragen und diene ihm. Die selbstverwirklichte Seele kann dir Erkenntnis/Wissen offenbaren, weil sie die Wahrheit gesehen hat.› In der ersten Kontaktaufnahme mit dem spirituellen Meister gibt uns Śrīla Prabhupāda ein Beispiel. Er sagt: ‹Als ich zum erstenmal meinen Guru Mahārāj aufsuchte, sagte er über mich: „Dieser junge Mann hört gut zu. Er geht nicht fort. Deshalb werde ich ihn als Schüler annehmen.“ – Dadurch qualifizierte ich mich also, durch dieses Hören. Und ich stellte Fragen, wenn Guru Mahārāj sprach. Dann hörte ich weiter. Ich verstand manchmal was gesagt wurde und manchmal verstand ich nicht. Aber ich blieb. Andere kamen und gingen. Aber ich blieb und hörte weiter zu.›
1933 empfing Śrīla Prabhupāda in Allahabad die Initiation (formelle Einweihung). Er wurde von seinem Guru Mahārāj dazu ausersehen, das Kṛṣṇa-Bewußtsein in die westliche Welt zu bringen. Das war 1936, kurz bevor Śrīla Bhakti-Siddhanta Sarasvatī Gosvāmī Prabhupāda diese vergängliche Welt verließ.
Der erste große Ācārya, der um die Jahrhundertwende zum erstenmal über das Kṛṣṇa-Bewußtsein und über die Lehre Kṛṣṇa Caitanyas in englischer Sprache schrieb, war Śrīla Bhaktivinode Ṭhākur, der Vater von Śrīla Bhakti-Siddhanta Sarasvatī Gosvāmī Prabhupāda. Durch die Lauterkeit seines Wesens und durch seine heilbringende, vollkommen in der Transzendenz verankerte Persönlichkeit, gelang es Śrīla Bhaktivinode Ṭhākur, die Lehren Sri Kṛṣṇa Caitanyas wieder in ihrer uneingeschränkten Fülle vorzustellen.
Sri Kṛṣṇa, der als Kṛṣṇa Caitanya, als goldener Avatāra des Kali-yugas, vor 500 Jahren in Indien erschien, verkündete daß das Kṛṣṇa-Bewußtsein und das Singen der heiligen Gottesnamen in der ganzen Welt verbreitet werden würde. Und so begann Śrīla Bhaktivinode Ṭhākur zum erstenmal, über die Grenzen Indiens hinaus, diese für alle Wesen bestimmte Lehre Kṛṣṇa Caitanyas zu verbreiten. Diese Aufgabe wurde von seinem Sohn Śrīla Bhakti-Siddhanta Sarasvatī Gosvāmī Mahārāj fortgesetzt, der 64 Tempel des Kṛṣṇa-Bewußtseins in Indien gründete, die Gauḍīya Vaiṣṇava Math, und der auch zum erstenmal einige seiner Schüler in die westliche Welt schickte. Aber erst durch Śrīla Prabhupāda, der im Jahre 1965 im Alter von 70 Jahren nach Amerika kam, konnte das Kṛṣṇa-Bewußtsein durch seine tiefgreifende Einwirkung im Leben zahlloser Menschen seine ständig wachsende Verbreitung finden.
Unser von der Meditation über die Sinnesobjekte abgestumpftes Wahrnehmungs-Vermögen ist machtlos, den spirituellen Meister zu erkennen. Wir tragen in uns die verzerrten Trugbilder unserer sogenannten Erkenntnisse, mit denen wir diese Erscheinungswelt zu begreifen versuchen. Entspricht der spirituelle Meister nicht dem Bild, das wir uns von einem Weisen oder Heiligen gemacht haben, dann sind wir geneigt, ihn, den wirklichen Heilsbringer, nicht durch die engen Pforten unserer Herzen einzulassen. Śrī Gurudeva ist nicht gekommen um unser falsches Ichgefühl zu bestätigen, um uns in lobender Anerkennung dem Händedruck heuchlerischer Ehrerbietung auszuliefern. Śrī Gurudeva ist gekommen, um uns frei zu machen von dieser Krankheit der Illusion, die darin besteht, uns selbst als Mittelpunkt des Seins zu sehen und alles nach dem eigenen Wohl als Maßstab zu messen.
Den Pseudo-Yogis und Meditationsgauklern, den falschen Meistern und vergötterten Propheten zahlen wir den Preis der Seele, bar und ohne Zögern, solange sie uns in unserem Irrtum bestätigen, solange sie uns das Gift aus goldenen Bechern reichen, das zu Anfang wie Nektar mundet, doch sehr bald verheerend um sich greift und den letzten Rest der Sicht uns vollends raubt. Des Gurus Medizin ist oft bitter, wie die Medizin, die uns von der Krankheit löst. Der Guru sagt uns: ‹Fange nicht bei den kleinen Dingen des Lebens an, fange an beim Größten, beim Ursprung aller Dinge, groß und klein.› Der Guru sagt: ‹Werdet demütig, demütiger als das Stroh in der Gasse.› Der wirkliche Guru ist der Inbegriff der Demut. Er ist die sichtbar gewordene Gnade Gottes. Ohne ihn gibt es keinen Weg, der uns zurück zu Gott, zurück nach Hause bringt.
Wir müssen versuchen, uns der erdrückenden Last unserer falschen Vorstellungen zu entledigen. Wir müssen den Mut haben, unsere eigene Unzulänglichkeit und vollkommene Unwissenheit einzugestehen. Wir müssen die Intelligenz haben, wie Śrīla Prabhupāda uns durch sein eigenes Beispiel gezeigt hat, zu hören. Aber das zu hören, was wert ist gehört zu werden. Wir müssen von dem Munde des echten Guru die Botschaft Gottes hören. Wir müssen Fragen stellen. Wir müssen weiter hören. Ob wir alles verstehen oder nicht alles verstehen. Ob andere kommen, ob andere gehen. Wir müssen bleiben und weiter hören.
Śrīla Prabhupāda spricht alle Bücher in ein Diktaphon. Die ganze Bhagavad-gītā in ihrer Urfassung, so wie sie ist und von großen Ācāryas, von der Guru-Schülernachfolge (paramparā), der Nachfolge der spirituellen Meister verkündet und gelebt wird, übersetzt er für uns und erklärt sie für uns. Und er läßt sie für uns in alle Sprachen der Welt übersetzen, damit alle hören können, um die höchste Vollkommenheit des Lebens zu erreichen. Śrīla Prabhupāda übersetzt und erklärt für uns den wichtigsten Teil der vedischen Schriften, die Zwölf Bücher des Śrīmad-Bhāgavatam, die Lehren Kṛṣṇa Caitanyas, Nektar der liebenden Hingabe (dem Śrīla Rupa Gosvāmīs Bhakti-rasāmṛta-sindhu zugrunde liegt.) Wenn wir nur ein Buch davon lesen und durch dieses Buch den echten Ācārya, die selbstverwirklichte große Seele hören, wenn wir Fragen stellen und weiter hören, dann wird uns wirkliches Wissen offenbart werden, Erkenntnis über uns selbst, über diese vergängliche Welt, über die transzendentale Welt, über die Absolute Wahrheit, die Höchste Persönlichkeit Gottes-Śrī Kṛṣṇa. Wir werden aufhören, uns als Sklaven unserer falschen Meister der Qual der Dummheit zu opfern – durch Tod, Geburt, Alter und Krankheit im immer wiederkehrenden Kreislauf. Die fieberhafte Suche nach zerbrochenem Glas findet ein Ende, denn wir werden den Überbringer des kostbarsten Edelsteins, den echten Guru zu erkennen beginnen und mit ihm das Leben der Unvergänglichkeit und reinen spirituellen Erkenntnis, das Leben der sich bis in alle Ewigkeiten steigernden spirituellen Freude, für die wir alle geschaffen sind.